Buchholz. Über der deutschen Handball-Fangemeinde liegt eine freudige Erwartungshaltung: Am Wochenende wird der neue DHB-Pokalsieger der Frauen in Stuttgart ermittelt. Mittendrin im Reigen der letzten Vier beim Olymp Final4 sind die Handball-Luchse Buchholz 08-Rosengarten, die am morgigen Sonnabend, 15. Mai, um 12 Uhr ihr Halbfinalspiel gegen die HSG Blomberg-Lippe austragen. Um 14.30 Uhr folgt dann die zweite Partie zwischen TuS Metzingen und der SG Bietigheim. Ein Spiel um Platz 3 gibt es coronabedingt nicht. Das Finale beginnt dann tags darauf, 16. Mai, um 17.15 Uhr. Alle Partien werden live im Fernsehen auf Sport 1 übertragen.
Man kann wohl nur vermuten, wie die Gefühlswelt jener Handballerinnen aussieht, die am Wochenende in der Stuttgarter Porsche-Arena auflaufen. Für alle vier beteiligten Mannschaften gilt es, auf den Punkt konzentriert zu sein, ohne gleich vor Druck und Nervosität in eine Schockstarre zu verfallen, sondern das Bestmögliche abzurufen, um den Traum vom Gewinn eines nationalen Titels Realität werden zu lassen. Letztendlich unterscheiden sich die Luchse als absoluter Außenseiten da kaum von den drei übrigen Top-Teams der Bundesliga im Final4, Bietigheim (2.), Blomberg (3.) und Metzingen (4.): Die richtige Balance zwischen angespannter Konzentration und Lockerheit müssen sie alle finden.
Dass die Luchse es im Halbfinale ausgerechnet mit Ex-Trainer Steffen Birkner und seiner HSG Blomberg-Lippe zu tun bekommen, ist deswegen letzten Endes egal. „Jede der vier beteiligten Mannschaften will doch Pokalsieger werden. Und schließlich werden alle Spiele im Free-TV übertragen; das erhöht die angespannte Vorfreude noch einmal, denn wir alle wollen Werbung für den Frauenhandball machen“, sagt Birkner.
Hohe Physis und
Erfahrung bei Luchsen
In der Liga gab es in Buchholz einen hauchdünnen 27:26-Sieg für Blomberg, auswärts trotzten die Luchse dem derzeitigen Tabellendritten einen Punkt ab. Die HSG weiß also, was auf sie zukommt – ihr Trainer allemal. „Die Luchse habe echte Qualität im Kader, insbesondere was die Achse Rückraum und Kreis angeht, kann das Team auf erfahrene Spielerinnen bauen. Die Mannschaft besitzt eine hohe Physis und starke Körperlichkeit“, zollt Birkner den Luchsen Respekt. „Wir dürfen uns nicht die Fehler erlauben, die wir in den Punktspielen gemacht haben. Grundlage ist dafür eine ordentliche Verteidigung, in der die Eins-gegen-eins-Duelle früh angenommen werden und durch die der Gegner vom Tor weggehalten wird“, lautet Birkners Marschroute. Und natürlich will er die Tempokarte ausspielen und „die Luchse vor Aufgaben stellen“.
Mit Nele Franz hat Birkner die gerade frisch gewählte Spielerin der Saison 20/21 in seinen Reihen. Die 21-jährige Rückraumspielerin hat alleine 224 Saisontore für Blomberg erzielt und gerade ihr Debüt in der deutschen A-Nationalmannschaft gefeiert. Die positive Entwicklung seiner jungen Regisseurin auf dem Feld freut auch den Coach: „Nele hat in der letzten Saison fast nun Spielanteile auf Außen bekommen. Aber es zeichnet sie aus, dass sie geduldig ist, weiter hart gearbeitet und in dieser Saison ihre Chance auf der Mittelposition genutzt hat“, lobt Birkner insbesondere Leidenschaft und Trainingsfleiß von Nele Franz. „Nele gibt immer 150 Prozent, egal wie es steht. Dabei stellt sie sich nie in den Mittelpunkt, sondern weiß, dass sie ohne ihr Team nicht da stehen würde, wo sie gerade ist.“
Starker Rückraum und
viel Tempo bei HSG

Nele Franz allein macht also nicht die Qualität der HSG Blomberg-Lippe aus. „Blomberg verfügt über eine der besten Rückraumachsen der Liga und hat ein erstklassiges Konterspiel in der ersten und zweiten Welle“, weiß Matthias Steinkamp aus dem Luchse-Trainerteam. Für seine Mannschaft wird es darauf ankommen, das Umschaltspiel in der Rückwärtsbewegung gut zu koordinieren; am besten funktioniert das, indem man selbst mit einem Torerfolg abschließt. In der Defensive müssen Stoppfouls den Spielfluss von Blomberg unterbrechen, um den Gegner nicht in den Rhythmus kommen zu lassen. „Wenn wir die HSG bei 25, 26 Tore halten können, dann ist für uns etwas drin.“
Steinkamp und sein Trainerkollege Dubravko Prelcec sind sich einig: Die Luchse sind trotz der schwerwiegenden Verletzungsausfälle momentan so eingespielt wie noch nie in dieser Saison. „Wir werden trotzdem nur von Spiel zu Spiel schauen“, sagt Steinkamp. Aber wohl niemand kommt bei den Luchsen umhin, schon auf die letzten beiden Saisonspiele in der 1. Bundesliga zu schielen, die über den Klassenerhalt entscheiden werden. Trotzdem: Die Luchse wollen das Pokalambiente genießen, haben sich dafür gut vorbereitet und werden auch vor Ort noch einmal mit Mentaltrainerin Maike Koberg arbeiten. Denn da sind sich alle Trainer einig: Der Kopf wird bei dieser Pokalendrunde eine entscheidende Rolle spielen. Von Kathrin Röhlke