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Am Freitag um 10 Uhr legten die Beamten vor der Winsener Polizeidienststelle eine Schweigeminute ein. (Foto: he)

Polizei Winsen: Tiefe Trauer und Fassungslosigkeit

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Gedenken der getöteten Kollegen: Mit einer Schweigeminute gedachten auch die Polizisten in Winsen am Freitag der beiden in Rheinland-Pfalz erschossenen Kollegen.

Winsen. Es bedarf nicht vieler Worte an diesem Freitag um 10 Uhr auf dem schmucklosen Parkplatz vor der Winsener Polizeidienststelle. „Die Kollegin und der Kollege wurden nicht einmal 30 Jahre alt. Sie wurden brutal, rücksichtslos und heimtückisch getötet“, sagt Polizeioberrat Lutz Lange. Dann gilt es, still zu gedenken der beiden Polizeibeamten, die Montagfrüh in Rheinland-Pfalz bei einer Verkehrskontrolle erschossen wurden. Bundesweit hielten ihre Kollegen um Punkt 10 Uhr für eine Schweigeminute inne.

„Es ist ein Albtraum“, beschreibt Oliver Kues, der an diesem Morgen der Leiter des Winsener Streifendienstes ist, die Eindrücke auf der Wache. Dort verrichten ebenfalls viele junge Polizeistudenten ihren Dienst. Sie sind im Rahmen ihrer Ausbildung in das gesamte Aufgabenspektrum der Polizeiarbeit eingebunden. Dazu gehören auch Kontrollen wie jene, bei der eine 24-jährige Polizeistudentin in Rheinland-Pfalz getötet wurde.

Während die Streifenbeamten seit Tagen intern über das grausame Verbrechen diskutieren, wird auf höherer Ebene auch Grundsätzliches besprochen. Denn Angriffe auf Polizeibeamte hat es immer schon gegeben. Doch diese tödlichen Schüsse heraus aus einem Auto bei einer Routinekontrolle, offenbar ohne jegliche Vorwarnung, „das ist etwas, was uns unheimlich beschäftigt und berührt“, sagt der Leiter der Polizeiinspektion Harburg, Thomas Meyn. Und er hat keinen Zweifel: „Das macht etwas mit der Polizei, da geht keiner einfach wieder zur Arbeit über.“

Eigene Herangehensweise hinterfragen

Es ist eine zentrale Frage, die jeden Kollegen bewegt, so Schichtleiter Kues: „Was ist da genau passiert, wie ist das taktisch abgelaufen?“ Eine derartige Eskalation, nicht in einer Millionenstadt, sondern in der Provinz, auf dem Lande. Der Vorfall habe alle Beamten noch einmal sensibilisiert, dass es keine Routine geben kann und darf, ergänzt Polizeichef Meyn. „Doch natürlich ist ein Restrisiko immer da.“ Man könne nicht immer den absoluten Schutz haben, „wenn man in Alltagssituationen auf zu allem entschlossene Täter trifft“. Man wolle ja keine Polizei, „die bei jedem Anhalten die Waffe zieht“. Sobald die Abläufe von Rheinland-Pfalz rekonstruiert sind, werde man dies aufarbeiten und die eigenen Herangehensweisen hinterfragen, ergänzt Kues.

Am Freitag aber ist erst einmal der Tag der Trauer und des stillen Gedenkens. „Lassen sie uns unseren Dienst gemeinsam und immer mit der Prämisse verrichten, das Unerwartete zu erwarten“, sagt Dienststellenleiter Lutz Lange dann noch. „Passen Sie auf sich und ihre Kollegen auf, aber verlieren sie nicht das Grundvertrauen. Das ist für unsere Arbeit eine unabdingbare Grundvoraussetzung.“

Nach diesen Worten geht es für die Polizisten zurück zu den Streifenwagen. Und mit vielen Gedanken in die nächste Verkehrskontrolle.

Von Thomas Mitzlaff